Der hohe Schein by Ludwig Ganghofer

Der hohe Schein by Ludwig Ganghofer

Autor:Ludwig Ganghofer
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Deutsche Buch-Gemeinschaft


15

Ein lautes Ah! begrüßte das hellbeleuchtete Bild der Szene: einen zierlichen Park im Barockstil, mit Statuetten und Rosengirlanden, mit Stutzalleen und Laubengängen, hinter denen sich ein allerliebstes Tempelchen halb versteckte. Das sah sich an wie eine Dekoration aus einem kleinen, vornehmen Schloßtheater.

Aus dem Grün der Kulissen flatterte leichtfüßig und mit glockenhellem Lachen was Weißes, Rosiges und Schimmriges hervor: die »niedliche Sünderin« als Prolog. Halb Psyche mit den Augen der Unschuld, halb leichtgeschürzte Muse mit wissendem Lächeln, in einem Gewand wie aus Silberduft und Rosenblättern gewoben, die entblößten Schultern umschwankt vom gelockten Blondhaar, die Stirn umschlungen von einem grünen Zweig mit goldenen Beeren, stand sie vor den staunend aufgerissenen Augen. Die Weibsleute flüsterten, die Burschen streckten die Hälse, und von überall klangen jene scheuen, naiven Laute des Entzückens wie von Kindern, die ein Krippenspiel bewundern. Das Nannerl schmiegte sich atemlos an Mathilds Seite, und der lustige Sägmüller, ganz Feuer und Flamme, faßte sein stürmisches Wohlgefallen in den Ausruf: »Herrgott, ist das ein süßes Käferl!«

Mit einem Lächeln für diese begeisterte Huldigung dankend, schwang Philinchen gleich einer schenkenden Fee den silbernen Lilienstab:

»Aus goldnen Wolken stieg ich zu euch nieder,

Der Glanz der Sterne schmückte mein Gewand,

Und höchster Schönheit wundersame Lieder

Streut euren Herzen meine reiche Hand.

Wie einst der Heiland zu dem Stall der Hirten

Erlösung brachte und des Himmels Gunst,

So bringen wir zu euch, ihr Weltverirrten,

Der Dichtung Flamme und das Heil der Kunst.«

»Gottlob, daß der Kaplan net da ist!« flüsterte Bertl in Walters Ohr. »Sonst ging der Spektakel jetzt los, und die Freud wär uns versalzen.«

An die Rampe tretend, streckte Philinchen die Hand, als wollte sie in Barmherzigkeit einen Knienden aufrichten:

»Erhebet euch aus dumpfen, tiefen Nächten,

Wo Dorn und Mühsal euch die Stunde grenzt:

Ich will euch Rosen in das Leben flechten,

Aus reichem Garten, der uns ewig lenzt.

Was uns der Geister Edelster gesungen,

Was er aus Brunnen schöpfte, tief und klar,

Soll zu euch reden heut mit Feuerzungen –«

Den hohen Schwung der Rede unterbrechend, blickte Philinchen über die hundert Gesichter hin. Dann lachte sie und fiel mit ihrem Prolog in gemütlichen Dialekt:

»Was schauts denn a so? Verstehts ebba net?

Gelt ja, mit'n Hochdeutsch, da habts halt a Gfrett?

Dös is enk a Bröckl, dös keiner gern schluckt,

Weil's fremdarti schmeckt und, wann's drunten is, druckt!«

Diese Wendung wurde mit Gelächter aufgenommen. Hinten aus der Ecke hörte man wieder jene Baßstimme : »Is schon wahr! Ganz aufblaht hat's mich.« Darüber neues Gelächter. Auch Philinchen mußte sich erst auskichern, bevor sie weitersprach:

»Aber heut – und i sag's, daß si' keins net beklagt:

Wer ebba vom Hochdeutsch net gar z'viel vertragt,

Soll schleuni verduften, eh's angeht, dös Stuck,

Und draußt an der Kass' kriegt'r 's Geld wieder zruck!

Denn heut weard vom Hochdeutsch a Schüssel voll bracht,

So schwaar, daß an oachene Tischplatten kracht.

Und wann's amal da is, da hilft enk koa Murrn,

Da hilft enk koa Wehrn, koa Spreizen, koa Zurn,

Da müaßts mer schö' schlucken, wia 's Kind d' Medazin,

Sie schmeckt a weng fremd, aber Gsundheit is drin!

Dö hat einer eingrührt, a Wunder von Mo',

Der 's Gsundmachen könnt hat, wie's koaner mehr ko'!

Der Mo', der hoaßt Goethe. Reißts d' Ohrwascheln auf

Und schreibts



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